Tierheim befürchtet Abgabewelle nach der Pandemie

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Tierheimleiterin Nicole Gruber erlebt häufig das fragwürdige Verhalten von Zweibeinern

Wenn Nicole Gruber durch ihr Tierheim geht, kann es mitunter dauern, bis sie dort ankommt, wo sie hinwill. Hier bleibt sie stehen, um Terry, eine Jagd-Terrier-Mix-Dame, zu streicheln, wenige Meter weiter hat sie ein paar beruhigende Worte für den stattlichen und aufgeregten Labrador-Schäferhund-Appenzeller-Rüden Max übrig. Derzeit ist es ein wenig ruhiger im Tierheim, aber das kann sich nach Einschätzung der Tierheimleiterin schnell ändern, äußert sie sich sorgenvoll: „Ich bin mit vielen anderen Einrichtungen in Kontakt und wir alle befürchten eine regelrechte Welle von Hunden, die abgegeben werden, sei es durch Überforderung oder mangels Zeit, weil die Leute nicht mehr im Homeoffice sind.“ Es sei vergleichbar mit der traurigen Situation zur Urlaubssaison, in der sich Hundebesitzer des vorschnellen und wenig durchdachten Weihnachtsgeschenks entledigen. „Hauptsächlich erwarten wir Hunde, denn andere Tiere, die in der Pandemie angeschafft wurden, sind oft nicht so betreuungsintensiv. Eine Katze ist einfacher zu handeln als ein Hund, sie braucht nicht so viel Erziehung“, weiß die überzeugte Tierliebhaberin aus Erfahrung. „Wenn die Welle dann losgeht, müssen wir von Tag zu Tag schauen, wie viele Tiere wir aufnehmen können, es wird sehr schwierig.“

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Liebe auf Zeit, ein No-Go

Nicole Gruber ärgert das Verhalten „massiv“. „Ein Hund lebt zwischen 10 bis 15 Jahre und da muss ich vorausplanen, denn er ist ein Familienmitglied“, sagt Gruber. Seit langem erlebt die Hundetrainerin, wie „Wauwau und Co“ von gleichgültigen Besitzern bei ihr landen: „Ich schaffe mir kein Tier vorübergehend an, weil ich mich nach einem Sozialpartner sehne, weil ich Single bin und derzeit kein Privatleben habe oder die Kinder beschäftigt werden wollen.“ Allerdings toppe Corona das bisher bekannte unbedachte Verhalten um Längen, so Gruber: „Hier riefen Leute an, ob wir einen Hund für zwei Monate verleihen könnten, weil man im Homeoffice sei oder weil es den Kindern im Homeschooling so langweilig sei.“ Es sind Anfragen, die die engagierte Tierschützerin „vom Glauben abfallen lassen“. „Tiere haben Ansprüche, die berechtigt sind, die wir erfüllen müssen. Leider sind Haustiere in Deutschland immer noch eine Sache, dabei sind es Lebewesen mit Gefühlen, die Menschen sehr viel geben und ein liebvolles Heim brauchen. Merken das die Leute eigentlich wirklich nicht?“, fragt sich das Tierheim-Team in den vergangenen Monaten mehr als einmal und oft genug will Gruber ihnen schlicht entgegnen: „Leute, kauft euch doch lieber ein Kuscheltier!“

 

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Nichts ist schlimmer als gut gemeint

Kurz vor dem letzten Lockdown im Dezember fällt Nicole Gruber in der ans Tierheim angeschlossenen Hundeschule ein weiteres, immer häufiger vorkommendes, Problem auf. „Viele holen sich über mehr oder weniger seriöse Organisationen Tiere aus Ländern zu uns, von denen ich noch nie gehört habe, dass man von dort einen Hund hierher holt.“ Vor allem boome der illegale Welpenhandel „ohne Ende“, meint Gruber: „Das explodiert förmlich, beinahe täglich werden illegale Tiertransporte gestoppt mit Welpen.“ Im Tierheim Mintraching kommen die Hundebabys nicht unter, erklärt Gruber: „Wir sind nicht darauf ausgerichtet. Aber wir bekommen immer wieder Tiere, deren Herkunft zweifelhaft ist und die Besitzer nach einigen Wochen feststellen, mit ihnen nicht klarzukommen.“ Außerdem gebe es selbsterklärte Tierliebhaber, die im Urlaub Hunde von der Straße unter sehr fragwürdigen Methoden einfangen, weiß die Expertin: „Sie erleiden dann ein Trauma, ich kann da nur den Kopf schütteln.“ Allerdings erlebt Nicole Gruber auch Positives, betont sie: „Viele haben die freie Zeit genutzt und sich um die Erziehung gekümmert. Das sind die, die sich im Vorfeld Gedanken gemacht und sich intensiv darum sorgen, dass sich das Tier gut einleben konnte.“

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Intensive Vorbereitung vermeidet Kummer

Generell möchte Nicole Gruber Menschen ermuntern, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Haustier zuzulegen, bei ihr oder anderen vergleichbaren Einrichtungen anzurufen, um sich beraten zu lassen. „Schwierig ist es, sich einen Hund aus dem „Katalog“ zu kaufen, denn die Chemie muss stimmen. Also muss ich das Tier sehen, um so herausfinden zu können, ob das funktioniert“, gibt Gruber als ersten Tipp mit. Blumige Texte von Anbietern, die auf die „Tränendrüse drücken“, seien aus ihrer Sicht mit Vorsicht genießen, genauso Angebote von nur wenige Wochen alten Welpen aus dem Ausland: „Frühestens können sie in der 15. Lebenswoche ausreisen. Im Zweifel sollen die Menschen bei uns anrufen, wenn nötig, raten wir ab“, so Gruber und verdeutlicht noch einmal eindringlich, wie wichtig umfassende Gespräche im Vorfeld seien: „Das ist uns tausendmal lieber, als später hier Tiere aufnehmen zu müssen, weil es hinten und vorne nicht gepasst hat, denn dann erlebt es ja das nächste Trauma.“

Tierheim · Landkreis Freising e.V.
Am Tierheim 1, 85375 Neufahrn
E-Mail: tierheim@tierschutzverein-freising.de
Tel.: 08165 9993760
Kleintierhaus:
Tel.: 08161 4946724
E-Mail: kleintiere@tierschutzverein-freising.de

Für Sie berichtete Manuela Praxl.

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