Der Fernsehmoderator Robert Lembke

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Vor der Gestapo geflüchtet und in Fürholzen untergetaucht

Ältere Fernsehzuschauer erinnern sich bestimmt noch an den Fernsehmoderator, dessen meistgestellte Frage lautete: „Welches Schweinderl hätten‘s denn gern?“ In 337 Folgen von „Was bin ich“, einer erfolgreichen Sendereihe des Ersten Deutschen Fernsehens, fragte Robert Lembke dies jeden Kandidaten seiner Ratesendung. Kaum bekannt ist allerdings eine andere Zeitspanne seines Lebens, als er in der Nazizeit von der Gestapo verfolgt wurde und sich monatelang in Fürholzen versteckte. Ernst Keller, Heimatforscher und bekannt durch zahlreiche Bücher und eindrucksvolle Dokumentarfilme, begleitete die TV-Dokumentation über Robert Lemke, die kürzlich – leider zu später Stunde – in der ARD zu sehen war. Er stellte sich nun dankenswerterweise für ein Gespräch zur Verfügung, in dem es um die Ereignisse während des Aufenthalts von Robert Lembke in Fürholzen geht.

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Herr Keller, von welchem Zeitraum sprechend wir?
Von etwa acht Monaten. Im September 1944 kam Robert Lembke nach Fürholzen. Wenige Tage nach Kriegsende fuhr er mit dem Fahrrad bereits wieder zurück nach München.

Warum ausgerechnet Fürholzen?
Seine Frau Mathilde hatte dort Verwandtschaft. Sie war bereits vor ihm mit der Tochter Ingrid bei ihrem Onkel Eberhard Berthold, dem „Lammer-Bauern“ untergekommen.

Wo hat er sich versteckt und wussten die Dorfbewohner von ihm?
Die Bauern hielten ihn zuerst für einen desertierten Soldaten und erfuhren erst später, dass er als Halbjude vor der Gestapo geflüchtet war. Er bewegte sich frei im Dorf, unterhielt sich mit den Bauern und erledigte kleinere Arbeiten. Zogen Soldatentransporte durchs Dorf, versteckte er sich in einem Bretterverschlag zwischen Wohnhaus und Stall oder auf dem Heuboden. Kam die SS ins Dorf, gab er sich als evakuierter Familienvater aus. Er besuchte sogar die Waffen-SS der Flakstellung an der Autobahn, wo niemand ahnte, dass ihn die Gestapo sucht. Als die Dorfbewohner wussten, wer er war, hielten alle dicht und niemand verriet ihn. Es war riskant und eine Zeitzeugin vermutete später, „wir wären alle nach Dachau gekommen“.

Wie endete das Verstecken?
Als am 29. April 1945 die ersten amerikanischen Panzer nach Fürholzen kamen, bewies er großen Mut und bedankte sich auf seine Weise, dass er im Dorf Sicherheit gefunden hatte. Er ging den Panzern mit der weißen Fahne entgegen. Die Amerikaner hielten ihn zwar zuerst für einen von der SS und bedrohten ihn, doch da außer ihm niemand Englisch sprach, konnte er sich mit ihnen verständigen und versichern, dass im Ort alles friedlich sei, ja dass er sich hier sogar monatelang verstecken konnte.

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Wie war damals die Situation im Dorf?
Es herrschte große Angst, denn die Gegend war vorbelastet. Im Juli 1944 war ein amerikanischer B-17-Bomber von der Flakstellung an der Autobahn abgeschossen worden und in Ottenburg abgestürzt. Der Pilot starb beim Absturz, acht Soldaten überlebten, sie wurden – entgegen der Genfer Konvention – erschossen. Die amerikanischen Soldaten sollen beim Einmarsch gesagt haben „ein Schuss wenn fällt, dann steht in diesem Ort kein Haus mehr“. Robert Lembke redete mit den Soldaten und ging unter Bewachung mit ihnen durchs Dorf, denn sie waren auf der Suche nach bestimmten Personen, die mit den Erschießungen in Verbindung gebracht wurden. Die Leute im Dorf haben gezittert, denn keiner wusste, ob nicht doch noch irgendwo Nazis versteckt waren. Aber es passierte nichts.

Kam Robert Lembke später nochmal nach Fürholzen?

Er war zwar noch ein paar Mal hier, brachte der Lammer- Mutter Pralinen und spielte mit den Bauern Schafkopf. Doch bald darauf startete seine Karriere beim Rundfunk und er wollte von der Zeit in Fürholzen nichts mehr wissen.

Herr Keller, woher haben Sie Ihre Kenntnisse über diese Ereignisse?
Schriftlich ist in Fürholzen über Robert Lembke nichts vorhanden, weder in Aufzeichnungen noch in Kriegstagebüchern. Verständlich, denn das hätte für den Verfasser gefährlich werden können. Ich wohne in Fürholzen und habe mit vielen Nachbarn und Zeitzeugen gesprochen. Es hat allerdings längere Zeit gedauert, bis mir die Leute von dem Flugzeugabsturz oder den Erschießungen erzählt haben, die manche als Kinder beobachtet haben.

Das Interview mit Ernst Keller führte Maria Schultz. Die Fotos vom Lammer-Hof und von Robert Lembke stellte Herr Keller freundlicherweise aus seinem Archiv zur Verfügung.

Der „Lammer-Hof“, in dem sich Robert Lembke versteckte
Jahre später wurde Robert Lembke als Rundfunk- und Fernsehmoderator eine bekannte Persönlichkeit.

Für Sie berichtete Maria Schultz.

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