Nicole Gruber, Tierheimleiterin, links mit ihrer eigenen Fellnase, auch ein ehemaliger Tierheimgast
Bitte setzt uns nicht einfach aus!
Es ist spät nachts und kalt. Eine kleine Chihuahua-Hündin zittert, denn ihr Fell ist dünn. Mit großen traurigen und fragenden Augen, blickt das kaum 20 Zentimeter große und weniger als drei Kilogramm schwere Häufchen Elend den vorbeirauschenden Autos nach. Niemand kommt, um sie loszubinden und mitzunehmen. „Bevor Halter einen Hund irgendwo aussetzen, mögen sie bitte bei uns anrufen oder vorbeikommen“, appelliert Nicole Gruber vom Tierheim Mintraching/Neufahrn und betont: „Wir haben noch niemanden gefressen oder blöd angesprochen, wir verurteilen nicht. Es gibt viele Gründe, warum es nicht mehr geht.“
Tierarzt untersucht jedes Tier
Kosten entstehen dem Tierheim nicht nur durch Futter. Jedes aufgenommene Tier erhält eine Erstuntersuchung beim Tierarzt, der es je nachdem kastriert, entwurmt oder impft, bevor er grünes Licht für die Vermittlung in ein neues Zuhause geben kann. „Bis zu zwei Wochen dauert das“, erläutert die erfahrene Hundetrainerin und Psychologin das Vorgehen: „Wir müssen die Hunde kennenlernen und schauen, wo die Baustellen sind. Wir testen die Hunde mit anderen Hunden, mit Menschen, mit Fremden, bei Gassi gehen, das kostet Zeit und Geld.“
„Wir haben noch niemanden blöd angesprochen, wir verurteilen nicht. Es gibt viele Gründe, warum es nicht mehr geht.“
Nicole Gruber, Tierheimleiterin
Vorschneller Entschluss führt oft zur Überforderung
In diesem Jahr befürchtet Nicole Gruber außerdem die Auswirkungen des Corona-Lockdown: „Die Leute hatten Zeit, haben sich vorschnell ein Tier ins Haus geholt, Hunde waren der zwingende Grund, zu jeder Zeit Gassi gehen zu dürfen. Jetzt befürchte ich, dass nach den Lockerungen womöglich viele Tiere wieder abgegeben werden.“ Problematisch sieht sie vor allem die „Auslandshunde“, die wie aus „einem Katalog gekauft wurden“: „Später stellt sich heraus, wie das Halten einen Hundes schnell überfordern kann und Hundeschule konnte in der Zeit wegen der dauernd wechselnden Vorschriften nicht stattfinden, die Leute standen alleine da“, beschreibt die Leiterin das Dilemma.
Eingeschränkter Besucherverkehr
Eine positive Erkenntnis sieht Nicole Gruber aber auch: „Wir haben derzeit keine offenen Besuchszeiten mehr, sondern gezielte, das wollen wir auch so zukünftig beibehalten, denn wir sind kein Zoo oder Ausflugsziel.“ In Zukunft will sich die Tierexpertin sich verstärkt den Menschen widmen, die ein ernsthaftes Interesse haben, einem ihrer Schützlinge ein schönes Zuhause zu bieten: „Wenn sich hier aber Massen durchschieben, die die Hunde obendrein anstarren, flippen sie schnell aus, denn für sie ist es eine Kampfansage. Letztendlich erschwert das die Vermittlung.“
Lieber gut überlegt
Damit ein Tier dauerhaft bei einem liebevollen Herrchen, Frauchen oder einer Familie erfolgreich unterkommen kann, spielen viele Faktoren eine wichtige Rolle: „Bei den Tieren geht es nie um das Aussehen“, stellt Nicole Gruber den wichtigsten Grund fest. „Ein Tier ist kein Kuscheltier, Spielzeug oder Accessoires, das ich nach meinen Möbeln aussuche, sondern ein einzigartiges Lebewesen mit Persönlichkeit. Jedes Tier hat auch Geschichte und da muss ich schauen, welches Tier mit welchem Menschen zusammenpasst.“ So wie bei Rex, einem ehemaligen Hofhund: „Er muss wieder in ein ähnliches Zuhause. Rex passt nicht zu einem Renterehepaar im achten Stock, das noch nie einen Hund hatte“, verdeutlicht Gruber. „Auf der Homepage beschreibe ich die Tiere sehr genau und was es braucht.“ Generell gelte für Menschen, die sich für ein Tier interessieren, sich dann genau zu hinterfragen, ob sie das leisten können, meint Nicole Gruber. „Sollte kein passendes Tier dabei sein oder Zweifel bestehen, ist es am besten, mit uns zu reden und gegebenenfalls zu warten. Irgendwann ist der richtige Lebensbegleiter dabei.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
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