Imkern im Trend

Kategorie: Massenhausen

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Imker-Lehrling Lukas überprüft mit seiner Mutter Dr. Elke Frenzel, Vorstand Bienenzuchtverein Massenhausen, die Bienen.

Elke Frenzel, Vorstand des Bienenzuchtvereins Massenhausen, über das immer beliebtere Hobby

Lukas zieht seinen Overall an, stülpt sich zum Schluss den Imkerhut über und schließt alle Reißverschlüsse sorgfältig. „Einmal hatte ich ihn nicht richtig zugezogen. Da ist dann eine Biene hineingekrabbelt und hat mich zwischen den Rippen seitlich gestochen“, erklärt der 10-jährige Schüler. Angst vor Stichen hat der aufgeweckte Junge dennoch nicht, winkt er ab: „Ich hatte bestimmt schon 20 Stiche. Irgendwann schwillt das gar nicht mehr richtig an, weil der Körper damit besser fertig wird und das Gift schneller wegbekommt.“ Lukas, der in diesem Jahr auf das Gymnasium wechseln möchte, begleitet seine Mutter Elke Frenzel, Imkerin und Vorstand im Bienenzuchtverein Massenhausen, schaut ihr genau über die Schulter, wenn sie ruhig mit bloßen Händen an den Bienenkästen arbeitet. „Ich lerne noch sehr viel. Ich habe bisher zwei Völker, eines in einem großen Kasten und eins in einem kleinen und ich muss jetzt dann mal wieder an sie ran“, meint der Imker-Lehrling mit fachmännischem Blick. „Für Lukas haben wir ein kleineres Kastensystem besorgt, damit er die Waben schön ziehen kann. So ein großer Kasten wiegt schließlich rund 30 Kilogramm, wenn er voller Honig ist“, meint Elke Frenzel.

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Hochleistung

Sobald die Temperaturen in den ersten Tagen des Frühlings an der zehn Grad Marke kitzeln, machen sich die Honigbienen emsig auf den Weg. Es summt und schwirrt munter an den Bienenkästen, dennoch befindet sich der Betrieb zu diesem Zeitpunkt im Jahr eher in der Aufwärmphase: „Zurzeit sind es 30.000 bis 40.000 Bienen pro Kasten. Im Winter kann das bis auf eine Bienentraube von 5.000 runtergehen, die überwintert. Die Hochzeit folgt im Mai und Juni, da sind dann 50.000 bis 80.000 im Kasten“, führt die promovierte Biologin aus. Statistisch gesehen, versüßt sich jeder Bundesbürger jährlich mit einem Kilogramm der köstlich-goldgelben Masse das Leben. Das bedeutet ein straffes Tagesprogramm für Honigbienen. 350 bis 400 Arbeiterinnen müssen 900.000 bis 6 Millionen Blüten aufsuchen, damit ein Imker letztendlich zwei 500 Gramm Standardgläser abfüllen kann. Dafür verlassen die rastlosen Sammlerinnen täglich bis zu 15 Mal ihr trautes Wabenheim und kommen so auf die gigantische Strecke von 40.000 bis 120.000 Flugkilometern. Das sind ein- bis dreimal um den Erdball, je nachdem wie viele „Nektartankstellen“ in der nahen Umgebung zur Auswahl stehen. Elke Frenzels Bienen stehen auf einer kleinen Anhöhe, umgeben von satten Wiesen und einem Waldstreifen. Es ist ein Paradies mit einem reichhaltigen Buffet für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. „Der Honigbiene geht es gut. Wild- beziehungsweise Solitärbienen sind aber genauso wichtig, nur um die kümmert sich niemand. Wir müssen Landschaften erhalten, die sie benötigen“, mahnt Elke Frenzel.

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Hilfe

Monotone Agrarlandschaften, Flächenfraß, Zerschneidung von Lebensräumen und der Klimawandel entziehen den fliegenden Krabbeltieren die Lebensgrundlage. Rund sieben Prozent der 550 Wildbienenarten in Deutschland gelten als ausgestorben, mehr als 30 weitere Arten sind vom Aussterben bedroht, knapp 200 gefährdet und mehr als 40 andere stehen auf der Vorwarnliste, laut Roter Liste der bedrohten Tierarten. Bewusst gepflanzte Blühflächen können für Abhilfe sorgen: „Fast jeder kann etwas tun. Natürlich kann man mit einem einzelnen Balkonkasten die Welt nicht retten, aber es ist ein Anfang“, so die leidenschaftliche Bienenfreundin. Schon von Kindesbeinen an, ist die 46-Jährige fasziniert von den fleißigen Tierchen. „Mein Großvater hat geimkert, obwohl das eher zum Abgewöhnen war, weil seine Bienen ziemlich aggressiv waren“, erinnert sich Elke Frenzel lachend. „Durch mein Studium hat sich das Interesse verstärkt. Vor rund 15 Jahren hat ein Bekannter damit angefangen, ich habe zugeschaut und war infiziert.“

Hype

Inzwischen ist Mutter dreier Söhne Expertin und gibt ihr Wissen im Verein gerne weiter. „Wir bieten Imkern zur Probe an. Da kann man ein bis zwei Jahre in das Thema reinschnuppern. Die Erstinvestition ist überschaubar, bis auf den Imkeranzug kann man sich alles ausleihen.“ In den letzten Jahren sei das Interesse für die Hobby-Imkerei stark angestiegen. Regelmäßig besuchen 80 bis 100 Honigfreunde die Anfängerkurse. Einerseits sei das „eine schöne Bewegung“, gleichzeitig mache das Probleme, so Frenzel: „Es ist ein bisschen ein „Negativ-Hype“. Imker-Systeme „einfache Bienenhaltung für jedermann“ sind schön und gut, aber letztendlich gehört ein gewisses Know-How dazu und man muss den Zeitaufwand leisten wollen. Es würde sich auch niemand ein Pferd in den Garten stellen und sagen, wird schon.“ Anfängern rät die Bienenfreundin zu zwei bis drei Völkern. Von April bis September müssen sie pro Volk etwa eine halbe Stunde Zeit, zwei- bis viermal monatlich, einkalkulieren: „Im Verein schauen wir im Notfall nach den Völkern eines anderen Imkers, aber es gibt keine „Urlaubsvertretung“. Seinen Urlaub muss man daher anders planen.“ Wer das Hobby ernst nehmen will, muss sich auch mit Schädlingen und deren Bekämpfung, wie der Varroamilbe oder der Amerikanischen Faulbrut auskennen: „ Im Honig aus dem Ausland, vor allem aus Brasilien und China, können sich Faulbrutsporen befinden, für unsere Bienen sind sie katastrophal.“ Jeder Honigliebhaber könne etwas dagegen tun, verweist Elke Frenzel: „Einfach die Gläser vor der Entsorgung gut ausspülen oder noch besser: heimischen Honig kaufen.“

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Hoppnehmen

Insgesamt sei das Wissen zur Honigbiene oft mangelhaft, beobachtet Elke Frenzel: „Die wenigsten kennen den Unterschied zwischen Bienen und Wespen.“ Klar erkennbar ist die schmale Taille der Wespe, dagegen kommt die Biene mit ihren Härchen eher pummelig daher: „Wir bekommen ganz oft im September Anrufe, dass irgendwo ein „Bienenschwarm“ hänge, das sind aber meist Wespen.“ Wenn es sich tatsächlich um einen Bienenschwarm handelt, weiß Sohn Lukas ganz genau, was zu tun ist: „Als erstes besprüht man die Bienen mit Wasser. Mit nassen Flügeln können sie nicht abhauen, dann hängt es davon ab, wo der Schwarm hängt.“ Einen dicken Ast könne man nicht einfach abschneiden, sagt Lukas mit Kennermiene: „Man arbeitet mit einem Fangbeutel, in den man die Bienen hineinschüttet. Eigentlich muss man nur die Königin erwischen, dann hat man das Volk.“

Für Sie berichtete Manuela Praxl.

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