Zeitzeugenabend des Heimat- und Geschichtsvereins Neufahrn

Kategorie: Aktuelles

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Gesprächspartner beim Zeitzeugenabend des Heimat- und Geschichtsvereins Neufahrn sind (v.li) Paul Maisberger (ehem. Gemeinderat) Moderator Ernest Lang, Dr. Ingolf Winkelmann (Sohn v. Käthe Winkelmann) und Ludwig Grundner (ehem. Leiter des Bauamts).

Käthe Winkelmann – Bayerns erste Bürgermeisterin

Ein Platz und eine Sporthalle wurden nach ihr benannt, aber wer war eigentlich Käthe Winkelmann? Beim Zeitzeugenabend des Heimat- und Geschichtsvereins am 5. November ging es um diese bemerkenswerte Frau, die über Neufahrns Grenzen hinaus Geschichte geschrieben hat. Das Interesse war groß und das Nebenzimmer des Gasthofs Maisberger war voll bis auf den letzten Platz. Darunter waren auch zahlreiche Gäste, die die zarte ältere Dame aus dem Norden Neufahrns noch persönlich gekannt hatten.

Drei Gesprächspartner hatte Ernest Lang, 1. Vorsitzender des Heimatvereins und Moderator des Abend, eingeladen: Dr. Ingolf Winkelmann, Sohn von Käthe Winkelmann, Paul Maisberger, Gemeinderat von 1972 bis 1978, und Ludwig Grundner, den sie damals persönlich als Leiter des Bauamts eingestellt hatte.

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Erste politische Erfolge

Die 1960er Jahre waren eine Zeit des Aufbruchs in Deutschland, aber auch in Neufahrn. Die erste Fabrik ließ sich im Ort nieder, die beiden Kirchen wurden eingeweiht und mit der Wahl von Käthe Winkelmann zur Bürgermeisterin nahm in Bayern zum ersten Mal eine Frau die Geschicke einer Gemeinde in die Hand. Ihr Wahlerfolg hatte allerdings eine Vorgeschichte. 1956 wurde sie als einzige Frau in den Neufahrner Gemeinderat gewählt, bei ihrer Wiederwahl 1960 gewann sie bereits die meisten Stimmen. Nach dem vorzeitigen Rücktritt von Bürgermeister Herpich kandidierte sie 1964 für das Bürgermeisteramt und wurde mit großer Mehrheit gewählt. Die nächste reguläre Wahl fand schon 1966 stattfand, also kandidierte sie bereits nach zwei Jahren erneut und errang auch dann mit überwältigender Mehrheit wieder den Wahlsieg.

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Wirtschaftlicher Aufschwung in Neufahrn

In ihrer Amtszeit veranlasste sie zahlreiche Neuerungen: Der erste Kindergarten – St. Franziskus – entstand, der Bahnübergang nach Neufahrn-Nord wurde gebaut, ebenso die Bahnüberführung sowie die heutige Jo-Mihaly-Mittelschule am Galgenbachweg. Außerdem schuf sie die Stelle einer „Gemeindeschwester“. Ihr größter Erfolg war in diesen Jahren, dass sie die Firma AVON nach Neufahrn holte. Nachdem die Gemeinde Eching dem Kosmetikkonzern abgesagt hatte, ergriff Käthe Winkelmann die Initiative. Sie flog nach New York und überredete die zuständigen Herren, ihren Betrieb in Neufahrn anzusiedeln. AVON war in den folgenden Jahren einer der größten Arbeitgeber im Landkreis. Damit begann auch der wirtschaftliche Aufschwung des Orts und schnell stieg die Einwohnerzahl an. Diese Jahre waren, so Ludwig Grundner, eine „Goldgräberzeit“ für Neufahrn, es wurde viel gebaut, darunter waren auch zahlreiche weitere Industriebetriebe.

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Kampf gegen den Flughafen

Nach der erfolgreichen Wiederwahl im Jahr 1972 machte sie erneut von sich reden, und dies nicht nur im Ort. „Nachbar Flughafen – niemals“ war groß auf eine Scheune gepinselt, die Moderator Ernest Lang an diesem Abend zeigte. Durch ihr außerordentlich großes Engagement und ihren persönlichen Einsatz wurde sie zur „Ikone der Flughafengegner“ im Abwehrkampf gegen den Flughafen im Erdinger Moos, in den Medien wurde sie die „Jeanne d’Arc von Neufahrn“ genannt.

Mit fester Hand dirigiert Käthe Winkelmann nicht nur die Geschicke der Gemeinde Neufahrn, sondern auch die Blaskapelle beim Volksfest. Foto: NE

Käthe Winkelmann als Rathaus-Chefin

Paul Maisberger berichtet von ihren Stärken, eine davon: „Sie konnte sehr gut moderieren“. In den Sitzungen des Gemeinderats wurde ausgiebig diskutiert, mit der Folge, „dass diese oft sehr, sehr lang dauerten.“ Er erinnert sich, dass sie den Bau der Sozialstation und des Jugendzentrums förderte und sich für die Integration der türkischen Familien einsetzte, die damals vermehrt nach Neufahrn zogen. Der ehemalige Gemeinderat betont jedoch, dass die Arbeit der Gemeinde-Chefin auch deshalb so erfolgreich und effektiv war, weil sie u.a. in Martin Kratzl (Geschäftsleiter), Ludwig Grundner (Leiter des Bauamts) und Wolfgang Voigt (Kämmerer) drei sehr gute Mitarbeiter an ihrer Seite hatte.

Zur Erheiterung der Gäste wirft Ludwig Grundner auch einen kurzen Blick auf den damaligen Büroalltag: „Zum Arbeitsbeginn gab es bei ihr erstmal Kaffee und Honigsemmeln.“ Auf das Frühstück folgte dann die tägliche Dienstbesprechung.

Mit der ersten Frau auf dem Bürgermeistersessel ging man damals nicht besonders sanft um. Ihr wurde nachgesagt, sie sei ein „ferngesteuertes altes Weib“. Gefragt, wie sie auf derartige Schmähreden reagiert habe, sagt ihr Sohn Dr. Ingolf Winkelmann kurz und bündig: „Gar nicht!“

Er weiß noch ganz genau, was der Grund dafür war, dass sich seine Mutter dazu entschloss, in die Ortspolitik einzusteigen: „Ihr Gerechtigkeitssinn hat damals den Ausschlag gegeben!“

Eine bemerkenswerte Frau: Käthe Winkelmann, von 1964 bis 1972 Neufahrns Bürgermeisterin Foto: NE

Für Sie berichtete Maria Schultz.

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