Klavierbauer Walter Thumann aus Giggenhausen erhält Anerkennungspreis

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Walter Thumann sorgt für den individuell perfekten Klang am Klavier

Harmonie – nicht nur für den Flügel

Manchmal sind sie alarmierend scharf, beinahe schrill oder zart-blumig, an anderen Stellen romantisch, brummig, deutlich polternd oder samtig – Walter Thumann versteht die Klaviatur des guten Tons, der die Musik macht und trotz melancholischer, dramatischer oder wütender Momente, am Ende immer harmonisch sein soll. Der 55-Jährige ist ein Meister seines Fachs und weiß als Klavierbauer und -stimmer mit seinen Werkzeugen die Seiten eines Instruments für das sensible Gehör der Pianisten und Zuhörer einzustimmen und versteht sich ganz besonders auf die Zwischentöne. „Bei berühmten Pianisten muss man sich definitiv mit psychologischem Feingefühl herantasten“, erklärt Walter Thumann: „Wichtig ist dabei, klar zu vermitteln: “Der Flügel wird top”. Das nimmt dem Künstler die Anspannung.“ Viele Künstler beschäftigen sich rund um die Uhr mit ihrem Instrument oder der Musik im Allgemeinen, weiß Thumann: „Sie leben in ihrer eigenen Welt. Das müssen sie auch, sonst können sie gar nicht diese Leistungen bringen. Da verzeiht man einfach die eine oder andere Marotte.“

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Von der Pike auf

Nach seiner Ausbildung an der bundesweit einmaligen „Berufs- und Fachschule für Instrumentenbau“ in Ludwigsburg, arbeitet Thumann zehn Jahre beim renommierten Klavierspezialisten Lang in München und erlernt seinen Beruf: „Klavierstimmen kann man nicht sofort.“ Selbst verfügt Thumann über ein fast absolutes Gehör: „Ich kann kein „C“ singen aus dem Stand, aber ich kann sagen, wenn jemand in der Mitte am Klavier einen Ton anschlägt, was für ein Ton das ist.“ Nach nur einem Jahr in der Werkstatt, fährt er zu Kunden, um Klaviere zu stimmen. Der junge, einfühlsame Klavierbauer ist begabt und macht sich schnell einen Namen in der Branche, sorgt auf den Konzerten der Stars aus der Klassik, aber auch Unterhaltungsmusik, für den perfekten Klang in berühmten Stätten wie der Olympiahalle, Philharmonie, im Herkulessaal und bei zahlreichen Rundfunkaufnahmen. Thumann, der schon als kleiner Bub gerne Akkordeon und später Klavier spielt, beweist einerseits ein Händchen für das Saiteninstrument, andererseits kann er sich gut in das Seelenleben der Künstler versetzen: „Ein Geiger hat sein eigenes Instrument immer dabei, kennt es in- und auswendig. Beim Pianisten ist das anders. Fast keiner hat seinen eigenen Flügel dabei, sondern ist darauf angewiesen, was auf der Bühne steht“, versucht Thumann seine Arbeit, die so viel Fingerspitzengefühl erfordert, zu beschreiben: „Er reist mit der bangen Frage an, wie er klingt. Ich versuche mit meinem Tun zu beruhigen, gehe auf den Künstler ein und biete an, den Flügel noch einmal zu überarbeiten, so dass sich der Musiker wohlfühlt.“

„Ein Geiger hat sein eigenes Instrument immer dabei, kennt es in- und auswendig. Beim Pianisten ist das anders. Fast keiner hat seinen eigenen Flügel dabei, sondern ist darauf angewiesen, was auf der Bühne steht.“

Walter Thumann, Klavierbauer und Klavierstimmer

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Glanzvolle Höhepunkte

Obwohl er die Klassik liebt, mag Thumann auch moderne Klänge. Absolute Highlights seiner Karriere sind Konzerte mit Elton John auf dem Königsplatz und vor allem der Eagles in der Olympiahalle: „Ich musste in der vollen Halle den Flügel stimmen. Das Publikum hat zugehört und geklatscht. Ich habe mich dann verbeugt“, erinnert sich Thumann lachend. Bekannte Stars der Jazzszene, erlebt der Klavierstimmer eher bodenständig so wie Bruce Hornsby, den er als „super lieben Menschen und tollen Pianisten“ kennenlernt. „Als ich in die Garderobe und sagte, er könne das Klavier nun probieren, bot er mir einen Kaffee an und sagte: „Sie sagen: „Das Klavier passt“, dann passt es. Sie sind der Klavierstimmer und ich nur der Spieler.“ Das hat mich beeindruckt“, meint Thumann, der sich selbst einen „alten Rock ´n´ Roller“ nennt. „Ich habe dreimal Jerry Lee Lewis betreut und Chuck Berry“, schwärmt Thumann noch heute.

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Life-Work-Balance – ab 2000 „adagio“

Nach zehn „großartigen Jahren“, entschließt sich Thuman ruhigere Töne anzustimmen und macht sich selbständig: „Irgendwann war es für mich vorbei. Es war toll, aber ich wollte etwas Eigenes aufbauen, Familie gründen.“ Zunächst beginnt er mit einem Servicebetrieb. Er stimmt Klaviere, restauriert und repariert sie: „Das hat von Anfang an funktioniert. Nach und nach habe ich mich vergrößert, irgendwann kam ein kleiner Verkaufsraum.“ In den Landkreisen Freising, Erding, Dachau und Pfaffenhofen, sei er der einzige Klavierbauer mit echten akustischen Klavieren im Angebot, berichtet Thumann: „Ich bin kein Freund von Massenprodukte oder E-Pianos, möchte lieber von deutschen Qualitätsmarken und Manufakturen anbieten.“ Er verkaufe zwar weniger, aber seine Hauptarbeit sei ohnehin die Betreuung: „So etwas mache ich heute lieber für meine Privatkunden, die Musikschulen oder klassische Konzerte in Landshut.“ Trotzdem zählen aktuell noch wichtige Impulsgeber der Musikszene zu seinen Kunden, wie Sylvester Levay, Komponist des Musicals „Elisabeth“ oder Jean Frankfurter, der lange für Helene Fischer (u.a. „Atemlos durch die Nacht“) komponiert hat“, so Walter Thumann. Freimütig gibt er zu: „Klar, vermisse ich manchmal die „Großen“, aber selten.“ Letztendlich sei er über seine Entwicklung sehr froh: „Der Mix ist super. Ich bin ein verlässlicher Typ, die Leute schätzen das. Wenn ich mich mal eine Viertelstunde verspäte, rufen die Kunden besorgt an und fragen, ob was passiert sei“, erzählt Walter Thumann. „Sie sind lieb und freuen sich, richten Plätzchen her und quatschen. Gerade bei älteren Leuten ist das fast so wichtig wie das Klavierstimmen. Diesen Bezug zu meinen Kunden, das mag ich.“ Für sein anspruchsvolles Kunsthandwerk und die Bewahrung des hohen Kulturguts, erhält Walter Thumann vom Landkreis Freising, im Rahmen des Kulturpreises 2021, einen Anerkennungspreis.

Für Sie berichtete Manuela Praxl.

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