„Grafical“ – eine Hommage an Oskar Maria Graf

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Lesung und Musik – Sepp Kloiber, Georg Unterholzner und Martin Regnat

Lesung und Musik – authentisch bayrisch

Die Neufahrner Gemeindebücherei war wieder einmal voll bis auf den letzten Platz. Georg Unterholzner, Autor, Rezitator und Sänger, und Sepp Kloiber und Martin Regnat mit ihren Musikinstrumenten präsentierten eine äußerst gelungene musikalische Lesung über das Leben und Schreiben des bayerischen Autors Oskar Maria Graf, dem die Gemeinde Neufahrn besonders verbunden ist, ist er doch der Namensgeber des Gymnasiums.

Georg Unterholzner las aus verschiedenen Werken Oskar Maria Grafs. Obwohl – „Lesen“ ist weit untertrieben, denn mit Stimme und Mimik zog er das Publikum völlig in seinen Bann: Grafs Kindheit in der Bäckerei in Berg, die Brutalität von Vater und älterem Bruder, die den Umgang in der Familie bestimmt, die Hilflosigkeit der Mutter, die fast alles widerspruchslos schluckt,… Der junge Oskar flieht nach München und findet sich dort in der „Bohème“ wieder, wo er das tut, was er am besten kann – saufen. Dann die ersten literarischen Versuche, die ersten Erfolge. Seit dieser Zeit verwendet er auch „Maria“ als zweiten Vornamen.

In den Texten dieses Abends geht es u.a. um erste Liebe und um das Altwerden, um Erlebnisse als Soldat, um die Sorgen der Mutter, wenn der Sohn im Feld ist, auch um die Nazizeit, als er feststellt, dass ausgerechnet seine Bücher der Verbrennung entgangen sind und ausruft „verbrennt’s mich!“, um die Emigration nach Amerika, wo er 1967 im Alter von 73 Jahren stirbt.

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Begleitet und untermalt werden die einzelnen Szenen von eindringlichen Liedern, eigens getextet und komponiert für das „Grafical“. Die beiden Musiker Sepp Kloiber und Martin Regnat bieten Stubnmusi im allerbesten Sinn, zurückhaltend und fein, nachdrücklich, manchmal überraschend, vor allem aber professionell. Die Texte der Lieder kommentieren und interpretieren das Gelesene. Instrumentalstücke ermöglichen zwischendurch kleine Atempausen.

 

Man hört die Geschichte vom Kasten Jackl, dem es vor den alten Weibern graust und der am liebsten junge Madln sieht und betatscht – „Dirty old man“ – und vom Schmalzer Hans, dem Quartalssäufer und Nichtsnutz, dem die Dorfgemeinschaft inständig ein baldiges Ableben wünscht – „geh weida, Schmoizer, verreck!“ Doch diesen Gefallen tut er seinen Mitmenschen nicht, er überlebt sogar einen langen Krankenhausaufenthalt und trinkt danach nur noch „Milli“. Später kommt der Schnaps wieder ins Spiel, doch irgendwann stirbt er friedlich in seinem Bett.

Zum ungeschickten Geburtstagsbesuch der beiden Graf-Kinder Oskar und Anna bei der wohlhabenden „Strauchin“ hört man den gesungenen Kinderreim „Hosentürl, Arschpapierl…“ und die Schilderung seiner Militärzeit wird beklemmend kommentiert mit dem Marsch „Oans, zwoa, Leid daschießn, drei, vier, strammsteh miaßn…“

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Es fehlte auch nicht, dass sich Oskar Maria Graf kurzzeitig einem ganz anderen literarischen Genre zuwandte. Die Geschichte von der drallen Kellnerin Thekla und dem schüchternen jungen Bauern Lenz , die sich in einem Stall leidenschaftlich der Liebe hingeben, findet sich in seinem Buch „Das bayrische Dekameron“, einer Sammlung von deftigen Erzählungen, mit denen Graf während seiner Münchner Zeit unerwartet erfolgreich war.

Betroffen, berührt, heiter, vor allem aber begeistert, verließ das Publikum am Ende die Neufahrner Bibliothek. Die Kommentare, die beim Hinausgehen zu hören waren, bewiesen, dass BIB-Leiterin Michaela Reidel mit dieser Lesung erneut ein Glücksgriff gelungen war.

Für Sie berichtete Maria Schultz.

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